Johann Christoph Gottsched             Auf den Tod Herrn bossecks, eines meiner

1700 – 1766                                        philosophischen Zuhörer. 1727.

 

Wer Gott und Welt und Geist und seine Pflicht nicht kennt,

Vermehrt aus Unverstand die Anzahl wilder Thiere.

O daß uns Menschen nur der schimpf nicht wiederführe,

Daß oft die Dummheit selbst ihr Wesen menschlich nennt.

 

Mein Bosseck, den das Grab so bald von uns getrennt,

Geliebter, den ich früh, ach allzu früh! verliere,

Erlaube, daß mein Kiel dein wahres Lob berühre.

Dein Herz hat aus Begier zur Wissenschaft gebrennt.

 

Ihr Musen, klagt mit mir! Ihr Musen, tröstet mich.

Ihr wißt, wie eifrig er Minervens Brust gesogen,

Und allem in der Welt die Weisheit vorgezogen.

 

Doch nein, beklagt nicht. Sein Zustand bessert sich,

Der Tod erweitert nur des Geistes enge Schranken,

Nun schwebt ihm Gott und Welt auf ewig in Gedanken.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Johann Christoph Gottsched             Auf Herrn Försters, meines Zuhörers in der Redekunst,

1700 – 1766                                        Magisterpromotion. 1727.

                                                                            

Mein Förster, wer, wie du, mit Witz und Fähigkeit

Und unverdroßnem Fleiß der Weisheit nachgegangen,

Der kann ja wohl mit Recht den Lorberschmuck erlangen,

Den Phöbus und sein Chor den Musensöhnen beut.

 

Du blendst Minerven nicht durch ein verbrämtes Kleid,

Du hast dir nicht den Ruhm der Ahnen umgehangen,

Man sieht dich anders nicht, als mit Verdiensten prangen,

Und die verbirgst du noch durch die Bescheidenheit.

 

Wie würdig bist du denn, daß der Magisterkranz,

Dem mancher finstre Kopf der Farben hohen glanz,

Durch seine Schatten schwächt, dein lichtes Haupt bedecket!

 

Glück zu, gelehrter Freund! zeuch in dein Vaterland,

Und mache nach und nach ganz Schlesien bekannt,

Was für Verstand und Witz in deinem Geiste stecket.